Topographie
Die Landschaft im Aschbacher Tal hat sich in den letzten zweihundert Jahren deutlich verändert. Weiher und kleine Seen, die der Fischzucht dienten, bedeckten das Tal von der Abzweigung der Straße nach Trippstadt bis weit ins Tal nach Mölschbach. Daher auch der Name des dortigen Anwesens: Weiherfelder Hof. Äcker und Felder kennzeichneten das Tal und das Gebiet des Aschbacherhofes. Die Straße von Worms nach Strassburg führte durch die Vierecksanlage des Hofes, dem dadurch eine besondere Position zukam. Die ehemalige St. Blasius Kirche stand auf einem sanft auslaufenden Hügel vor den höheren Bergen des Pfälzerwaldes. Die heutige Situation hat sich durch Trockenlegungen und Abgrabungen verändert.
Kirche St. Blasius
Erstmals urkundlich erwähnt wurde die Kirche im Jahr 1215. Zu dieser Zeit wurde die Kirche von den Einwohnern aus Tippstadt, Langensohl, Wilenstein, Mölschbach und den Stüterhof (ehemals Hilsberg), Stelzenberg, die Siedlungen im Karlstal und die Höfe südlich von Trippstadt zum Gottesdienst genutzt. Sie war Pfarrsitz der Herrschaft Wilenstein, deren Burg sich nur etwa vier Kilometer weiter südlich heute als Ruine befindet.
Im Zuge der Reformation (1517-1648) war die Aschbacher Kirche vermutlich die erste Kirche in der Pfalz, in der lutherische Gottesdienste gefeiert wurden, wodurch ihr um 1550 eine große Bedeutung zukam. Der Aschbacherhof wurde 1719 vom kurpfälzischen Oberjägermeister Freiherr Ludwig Anton von Hacke (1682-1752) gekauft. Im Jahr 1745 wurde durch die Freiherrn von Hacke die Pfarrstelle vom Aschbacherhof in die neu errichtete Kirche in Trippstadt verlegt. Auf Grund des schlechten baulichen Zustands verfiel die Kirche Ende des 18. Jahrhunderts. Die Ruine wurde von der umliegenden Bevölkerung als Steinbruch genutzt und nur der Turm blieb übrig.
Kirchturm
Eine urkundliche Datierung ist nicht möglich. Das heutige Bauwerk kann ins frühe 13. Jahrhundert datiert werden, spätere geringfügige Veränderungen sind vorgenommen worden.
Der Turm wurde in den 1950er Jahren vom Kaiserslauterer Architekt Heinz Loch erworben und restauriert. Die Unterschutzstellung als Denkmal wurde betrieben, damit ein weiterer Verfall abgewendet werden konnte. Der Turm befindet sich im Besitz der Familie und ist nicht zu besichtigen. In den Jahren 1983 und 2017 wurden weitere umfangreiche Sicherungsarbeiten durchgeführt.
Seit 2016 ist der Turm in den Sternenweg/Chemin d‘ Etoiles (verläuft auf den Wegeachsen der Jakobspilger) aufgenommen, eine in den Boden verlegte Muschel und eine Informationstafel an der vorbeiführenden Straße erläutern das Bauwerk und den Pilgerweg.
Baubeschreibung
Der Turm war ein Chorseitenturm, d.h. er stand unmittelbar seitlich neben dem Chor der Kirche, das Kirchenschiff erstreckte sich nach Westen. An der Südseite der Kirche befand sich ein Friedhof, der in den 1960ern unkontrolliert abgegraben wurde. Archäologische Untersuchungen fanden nicht statt. Das Erdreich wurde für Straßenbauarbeiten verwendet.
Der Turm ist aus überwiegend roten Sandsteinquadern gebaut, im oberen Bereich sind auch gelbe Sandsteine in größerer Zahl verwendet. Der Bau ist knapp zwanzig Meter hoch und hat einen quadratischen Grundriss mit einer Seitenlänge von circa sechs Metern. Er ist in drei Geschosse untergliedert, die durch schmale Steingesimse voneinander abgetrennt sind. Von unten nach oben werden die Geschosse ein wenig eingezogen, so dass eine charakteristische Kontur des Turms entsteht. Romanische Rundbogenfenster finden sich im obersten Geschoss, bei späteren „Modernisierungen“ wurden im Erdgeschoss und im ersten Geschoss gotische Spitzbogenfenster eingebaut. Zwei kleine rechteckige Fensteröffnungen finden sich im ersten Geschoss, ein zugemauertes an der Westseite. Gotische Gurtbögen an der Südseite markieren den nicht mehr vorhandenen Chorraum. Der Zugang zum Turm wurde von der Chorseite an die Ostseite verlegt. Im Inneren des Turmes ist das ursprüngliche Tonnengewölbe im Erdgeschoss erhalten. Die oberen Geschosse wurden erst 1953 mit Zwischenböden und Treppen versehen.
Dach
Der Turm hat ein Satteldach mit sogenannten Ortgangplatten an den Seiten der Dachflächen. Diese Form des Daches kam zwar in der Pfalz und im Bliesgau häufiger vor, doch sind wohl durch unsachgemäße Reparaturen etliche Dächer „vereinfacht“ renoviert worden, so dass in der Westpfalz nur noch dieser Turm und der Turm der Kirche in Maßweiler Ortgangplatten aufweisen. Bei den Arbeiten 2017 konnte mit großer Sicherheit festgestellt werden, dass diese Platten aus der Erbauungszeit stammen. Die jeweils unterste Platte an drei Ecken des Daches trägt eine Tierfratze, die nordöstliche einen eingemeißelten Bischofsstab. Die Tierköpfe sind flach erhaben ausgearbeitet, an der nordwestlichen Ecke allerdings so stark verwittert, dass kaum noch Spuren zu erkennen sind. Solche Tierdarstellungen dienten im Mittelalter der Abwehr böser Geister, die im damaligen christlichen Glauben durchaus noch ihren Platz hatten. Der Bischofsstab mag in Richtung Worms weisen, denn die Kirche gehörte zum Bistum Worms, das um 1800 zur Zeit der Koalitionskriege (1792-1815) nach der Französischen Revolution (1789) aufgelöst wurde. Bislang ist kein zweites Turmdach mit solchen originalen Steinmetzarbeiten in der Pfalz bekannt.
Römische Spolien
In der Westwand des Turmes etwa in der Mitte der Gesamthöhe befindet sich ein Eckstein, der einen Hirtenstab und eine „Flöte“ zeigt. Diese „Flöte“ erweist sich bei genauerer Betrachtung allerdings als ein Rohrblattinstrument. Das Mundstück ist typisch ausgearbeitet. Es könnte sich also um einen römischen Aulos handeln. Gerne wurden in mittelalterlichen Kirchen römisch-heidnische Steine vermauert. Sie wurden meist liegend ins Mauerwerk eingebracht um zu zeigen, dass sie ihre frühere Funktion verloren hatten und jetzt einem christlichen Bauwerk dienen mussten. Im stärker römisch besiedelten Glantal finden sich immer wieder solche römischen Spolien, auch in der Kirche von Langwieden ist ein römischer Götterstein liegend eingemauert. An der Nordseite wurde ein weiterer liegender Stein entdeckt, allerdings auf dem Kopf stehend, der ein A und ein O eingemeißelt zeigt. Alpha und Omega als Zeichen für Anfang und Ende des Lebens passt mit dem anderen Stein gut zu einem kleinen, wenig kunstvollen Gedenkort oder Altar für eine lokale „heidnische“ Gottheit. Fundamentsteine, ohne Mörtelfugen aufeinander verbaut, deuten ebenfalls auf eine zeitlich vor der Romanik liegende Bauzeit des Fundamentes.
Zwei Sarkophage
Schon 1897 wurden an der Südseite des Turmes zwei Sarkophage nach einer Inspektion vom neuen Direktor des dortigen Museums nach Speyer gebracht. Die Steinsärge wurden als „fränkisch“ (5.Jhd. – 9. Jhd.) eingeschätzt. Im Vergleich mit anderen Sarkophagen käme auch eine frühere Datierung in Frage, allerdings haben sich die Grundformen einfacher Steinsärge über die Jahrhunderte nur wenig verändert. Die beiden Sarkophage weisen darauf hin, dass in oder bei dieser Kirche zu Aschbach auch Menschen aus der damaligen Oberschicht zur letzten Ruhe gebettet worden sind. Diese Tradition zieht sich bis in die Neuzeit, ein in die Turmwand eingemauerter Grabstein für den Schaffner (Burgverwalter, Repräsentant der Herrschaft) der Burg Hohenecken zeigt dies.
Die beiden Sarkophage befinden sich heute im Innenhof des Verwaltungsbaues des Historischen Museums der Pfalz in Speyer.
Die Sage vom Fräulein vom Wilenstein
Eng mit dem Turm verbunden ist eine Sage, die auf den Bau dieser Kirche Bezug nimmt. August Becker gibt in seinem Buch „Die Pfalz und die Pfälzer“ (erstmals 1858 erschienen) diese Sage in einer kurzen Form wieder:
„…Gras und Gebüsch bedecken den alten Friedhof. Die Landschaft umher ist ernst und melancholisch. Der Schäfer dort, mit seiner Herde erinnert uns an den fremden Hirten und das Fräulein von Flörsheim, die einander unbewusst liebten und aus Gram starben, so dass der betrübte Vater zu ihrem Gedächtnis die Kirche baute und der Liebenden Bildnis im Stein anbringen ließ. Die traurige Geschichte aus der Siegwartsperiode ist Volkssage geworden; heute noch will man des Schäfers Schäferschippche sehen.“
(Becker, 1913, S 647-648)
Die genannte Siegwartsperiode bezieht sich auf einen auflagenstarken Roman „Siegwart – eine Klostergeschichte“ von Johann Martin Miller (1776). Dieser Roman steht für eine empfindsame, romantisierende Literatur, die weithin Schule machte. Der aus Bad Kreuznach stammende Maler Johann Friedrich Müller verfasste in dieser Periode die erste bekannte schriftliche Version der Sage (Mannheim 1775). In seinen Idyllen lässt er einen alten Mann im Kreise von Freunden diese Geschichte aus früherer Zeit erzählen. Im Stil einer zeittypischen Schäferidylle schildert er die Liebe des adligen Fräuleins zu dem sehr jungen Schäferknaben, die keine Erfüllung finden konnte. Der Junge stirbt aus Kummer, das Fräulein stürzt nach einem Besuch beim frommen Klausner im Karlstal unterhalb der Burg und kommt zu Tode.
Die Sage hat in den folgenden zwei Jahrhunderten immer wieder neue Variationen erfahren. Karlheinz Schauder ist diesen in einem eigenen Artikel nachgegangen (Schauder, 2000).
Literaturverzeichnis
- Bayerischer Architekten- und Ingenieurverein (1884 – 1889). Die Baudenkmale der Pfalz Ludwigshafen.
- Redaktion (August 1897). Palatina Speyer.
- Fröhlich, Wiltrud (2018). Kleines Kulturdenkmal St. Blasius Kaiserslautern.
- Moßmann, Robert (1998). Überlegungen zu den Anfängen der Kirche St. Blasius zu Aschbach Trippstadt.
- Becker, August (1913). Die Pfalz und die Pfälzer, 2. Auflage. Neustadt an der Haardt.
- Müller, Friedrich (1976). Idyllen Leipzig.
- Schauder, Karl-Heinz (2000). Das Ritterfräulein und der junge Schäfer, Burg Wilenstein in Sage und Dichtung, in: Heimatjahrbuch des Landkreises Kaiserslautern, S. 107 – 114. Kaiserslautern.
